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Die Köche des Untergangs

RELAX Magazin von Redaktion RELAX Magazin 28. Februar 2018

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Promi-Köche gelten gemeinhin als ein freundliches Gesicht der Unterhaltungsindustrie. Für den Militärstrategen und Historiker Sir John Glubb haben die Stars aber eine völlig andere Bedeutung: Ihr Auftauchen signalisiert den unwiderruflichen Untergang einer Kultur.

Als Clemens Wilmenrod 1953 zum ersten Mal die Zuseher bei „Wilmenrod bittet zu Tisch“ mit den Worten „Ihr lieben, goldigen Menschen“ begrüßte, hatte er mit seiner Kochsendung eine Monopolstellung im TV. In den kargen Nachkriegsjahren war man schon froh, wenn man genügend Essen für die Familie hatte. Der größte Küchenzauber bestand darin, mit wenig etwas Abwechslung in den Speiseplan zu bringen.
„Wilmenrod bittet zu Tisch“ war da mehr als eine Kochsendung, sie war ein Symptom einer neuen Stimmung in Deutschland. Die Menschen schöpften langsam wieder Hoffnung auf einen Aufschwung. Und der Koch feuerte die Aufbruchsstimmung an: Ein paniertes Schnitzel wurde bei ihm schnell zu einem raffinierten „Venezianischen Weihnachtsschmaus“, ein Gericht aus Faschiertem kurzerhand zum exotischen „Arabischen Reiterfleisch“. Die Zuseher liebten es. Was Wilmenrod vorkochte, landete am nächsten Tag auf den Tellern der Deutschen. Niemand kümmerte es, dass Wilmenrod eigentlich gar kein Koch, sondern ein Schauspieler war. Kriegsbedingt war Deutschland in Sachen Promi-Köche ein Nachzügler. Der Aufstieg der Chefs begann in den USA. Dort gab es bereits 1924 mit „Good Food“ die erste Kochsendung – im Radio! Sie wurde ein Riesenerfolg. Im BBC-Fernsehen debütierte der französische Promi-Koch Marcel Boulestin 1937 mit „Cook’s night out“. In seiner ersten Sendung zeigte er eine Viertelstunde lang die Zubereitung eines Omeletts.

80 Jahre später sind Kochshows fixer Bestandteil der westlichen Unterhaltungsindustrie. Und es reicht heute längst nicht mehr, einfach nur ein paar Speisen möglichst gut zuzubereiten. In „Extreme Chef“ etwa müssen die Köche nicht nur kochen, sondern auch Berge erklimmen oder im Sandsturm mit Klapperschlangen ausharren. Und mit „My Naked Kitchen“ gibt es inzwischen auch Nackt-Koch-TV. Inzwischen wurden Promi-Köche zu Topverdienern. So hat Jamie Oliver mit Restaurants, TV-Shows und Kochbüchern ein Vermögen gemacht, das heute auf 400 Millionen Euro geschätzt wird. Der Österreicher Wolfgang Puck (u. a. TV-Juror in „Hell’s Kitchen“) besitzt neben dem Spago in Beverly Hills noch weitere 80 Restaurants – mit 5.000 Mitarbeitern weltweit.

Die Gewürze der Dekadenz

Der Aufstieg von Köchen zu Reichtum und Berühmtheit hat eine überraschende Kehrseite: Er geht stets Hand in Hand mit dem Untergang einer Kultur. Ob bei den Ägyptern, den Ottomanen, Spaniern oder Niederländern – wie Todesengel tauchen die Chefs stets dann auf, wenn ein Großreich nach seiner Blütezeit allmählich in die Dekadenz abgleitet. „Sie sind typisch für das Ende eines Imperiums“, erklärt der Ökonom David Morgan. Der Grund dafür ist eigentlich plausibel: Sobald das Reich seinen inneren Glanz verloren hat, suchen ihn die Bürger wie schlafwandlerisch woanders: in ausschweifendem Sex, in Unterhaltung – und in besonderem Essen. „Aber was es eigentlich bräuchte, wäre eine solide moralische Rückbesinnung quer durch die Gesellschaft“, meint Morgan.

Doch zu diesem Zeitpunkt ist es dafür meistens schon zu spät. Sobald sich Dekadenz in einer Gesellschaft breitmacht, gerät diese unweigerlich in einen Strudel, der sie in die Tiefe zieht. Das Verhalten der Menschen wird immer extremer: Sie gieren mehr und mehr nach Brot und Spielen. Wobei die Unterhaltung immer brutaler wird, bald werden sogar Menschen zum Gaudium der Plebs öffentlich hingerichtet. Gleichzeitig gerät die Sexualität vollkommen außer Rand und Band. Die traditionellen Geschlechterrollen verschwinden, immer bizarrere Kicks werden gesucht, und selbst absonderlichste Perversionen werden öffentlich zelebriert. Dieser Rausch geht einher mit der seuchenartigen Zunahme von Manien, Hysterien, Essstörungen und zwangsneurotischen Handlungen.
Und noch ein weiteres Phänomen ist ganz typisch für ein untergehendes Reich: der Kult der Androgynität. „In meinen Studien habe ich herausgefunden, dass diese Bewegung hin zu Androgynität in einem späten Stadium der jeweiligen Kultur erscheint. Dann, wenn eine Gesellschaft zerbröselt. Es passiert immer und immer wieder“, sagt die Feministin Camille Paglia. Ein guter Beleg dafür sei etwa die Kunst im antiken Griechenland: Anfangs zeigten Skulpturen starke und gut gebaute, junge Athleten. Am Ende sahen sie aus „wie nasse Nudeln“.

„Und die Menschen, die in solchen Zeiten leben – sei es in Griechenland, in Rom, aber auch in der Weimarer Republik –, fühlten sich immer sehr gebildet und kosmopolitisch. Aber mit einer historischen Distanz sieht man, dass es eine Kultur ist, die nicht mehr an sich selbst glaubt“, erklärt Paglia weiter. Zudem gibt es stets ein unangenehmes Phänomen: Als hätten sie Blut gewittert, tauchen an den Grenzen Gruppen auf, die von der Kraft männlichen Heldentums überzeugt sind – und kein Problem damit haben, dieses auch in die Tat umzusetzen. „Seien es die Hunnen, die Vandalen oder die Barbaren von ISIS. Du siehst immer, wie sie sich rundherum ansammeln“, so die Feministin.


Zwei KöcheFoto: andresr/Getty Images RF

Das Schicksal der Imperien

Es scheint tatsächlich so, als folgten Imperien einer Art innerem Drehbuch. Nach Jahren von Glanz und Gloria, in denen sie schier unbezwingbar schienen, enden sie in einem Strudel aus Wahnsinn, sexueller Ausschweifung und pathologischem Selbsthass – Todestrieb inklusive. Dies fiel auch dem hochdekorierten Militärstrategen, Nahostexperten und Historiker Sir John Glubb auf. Und er suchte nach einer Antwort darauf.

Über viele Jahre studierte der 1986 verstorbene Glubb Aufstieg und Fall verschiedenster Großreiche. Dabei stieß er auf Hochinteressantes. Die Imperien wiesen zwar geografische und kulturelle Unterschiede auf, hatten aber dennoch eine überraschende Gemeinsamkeit in ihren Zyklen. Sogar ihre Kernlebensdauer war ähnlich: Sie erstreckte sich etwa auf 250 Jahre oder 10 Generationen. Das gilt für das Reich der Assyrer ebenso wie für jenes der Griechen oder der Perser. Auch das Reich der Ottomanen währte nur so lange wie das Spanische Weltreich, das Russland der Romanovs und das British Empire: rund 250 Jahre! Das war aber längst nicht die einzige Gemeinsamkeit. Glubb stieß auf ein Muster von Zyklen, das den Untergang nahezu jedes Großreiches beschreibt. 1976 veröffentlichte er eine Arbeit darüber: „The Fate of Empires and Search for Survival“ (Das Schicksal von Imperien und der Versuch zu überleben).

Dass Imperien einen fixen Lebenszyklus haben könnten, erscheint zunächst unglaublich. Grund dafür ist, dass das gängige westliche Denken von einer geradlinigen Geschichtsentwicklung ausgeht. Ganz anders ist dies etwa in Asien. Das alte Japan kannte analog zu den Jahreszeiten überhaupt keinen definitiven Anfang und auch kein Ende, sondern nur Zyklen, die immer wieder durchlaufen wurden. Dies galt auch für gesellschaftliche Vorgänge: Aufstieg und Größe waren demnach nur Vorstufen von Zerfall und Niedergang. Der Hinduismus teilt die Zeit in vier große Spannen – sogenannte Yugas – ein, die sich fortwährend wiederholen und dabei ebenfalls einen Zyklus von „stirb und werde“ durchlaufen.

Auch im Westen gab es Ähnliches. Der griechische Gelehrte Hesiod unterschied fünf Weltalter: Goldenes, Silbernes, Ehernes oder Erzenes Zeitalter, Zeitalter der Heroen und Eisernes Zeitalter. Im jüngeren Europa vertrat Oswald Spengler in seinem „Untergang des Abendlandes“ eine zyklische Geschichtsauffassung. Jede Kultur absolviert demnach unterschiedliche Wachstumsphasen, hat Kindheit und Jugend, Männlichkeit und Greisenalter, um schließlich zu verfallen.

Das Drehbuch des Imperien-Dramas

Doch wie sieht nun das Drehbuch, das Großreiche samt ihren Bürgern immer wieder durchlaufen, genau aus? Sir John Glubb ortete mehrere Phasen. Und man braucht kein Historiker zu sein, um Parallelen zum Untergang des derzeit größten Imperiums zu erkennen, der USA. Stimmigerweise wurden die USA auch mit der Verabschiedung der Unabhängigkeitserklärung am 4. Juli 1776 gegründet – vor 242 Jahren.

Imperien entstehen immer mit einem großen Knall: Sei es bei der Gründung von Rom oder dem Entstehen der USA, stets erobern kriegerische, wilde Männer ein Territorium, das sie dann schrittweise und mitunter sehr brutal ausweiten. „Die erste Phase im Leben einer großen Nation ist eine Periode von großartiger Initiative, beinahe unglaublichen Unternehmungen, Mut und Kühnheit“, schreibt Glubb. In der Kultur dominieren Kriegerideale. Die Männer streben weniger nach materiellem Gewinn als nach militärischem Ruhm.
Einhergehend mit immer größerem Landgewinn nimmt auch der Handel und mit ihm der Wohlstand zu. Glubb: „Sogar wilde und militaristische Imperien haben den Handel gefördert, egal, ob sie das wollten oder nicht. Die Mongolen zählen zu den brutalsten militärischen Eroberern der Geschichte, die die Bewohner ganzer Städte massakriert haben. Dennoch, im 13. Jahrhundert, als sich ihr Imperium von Peking bis nach Ungarn erstreckte, schuf der Handel mittels Karawanen zwischen China und Europa einen bemerkenswerten Reichtum.“

Bereits mit der Periode des Handels setzt langsam der Niedergang des Reiches ein, obwohl es dem äußeren Anschein nach in voller Blüte steht. Besonders die erste Hälfte dieses Zyklus ist voller Glanz: Die alten Werte wie Mut, Patriotismus und Hingabe sind noch intakt. Die Nation ist stolz, vereint und voller Selbstvertrauen. Junge Männer werden zu Abhärtung, Pflichterfüllung und Patriotismus erzogen.

Der zunehmende Reichtum bringt dann die Wende. Händler verdrängen nach und nach die Krieger aus den Schlüsselpositionen. Und für die Händler sind die alten Ideale vor allem eines: „leere Worte, die dem Bankkonto nichts bringen“. Auch bei der Bevölkerung weicht Pflichtbewusstsein zunehmend dem Egoismus. „Das ist der High Noon der Nation. Die alten Ideale haben aber immerhin noch so viel Kraft, dass die Grenzen verteidigt werden können. Doch unter der Oberfläche werden Pflichtbewusstsein und Dienen der Gesellschaft zunehmend von der Gier nach Geld verdrängt“, so Glubb.

Zu diesem Zeitpunkt hat auch die Lust nach Expansion ein Ende. Anstatt weiterhin Gebiete zu erobern, versucht sich das Reich nun – etwa durch den Bau von Mauern – abzusichern. Die ehemaligen Haudegen werden kriegsmüde. In der Bevölkerung wird der Militärdienst zunehmend als unmoralisch und primitiv verdammt, denn kultivierte Menschen kämpfen nun einmal nicht. Freilich ein blauäugiger Pazifismus, denn weniger Zivilisierte haben überhaupt kein Problem damit, eine schwache Nation gewaltsam zu verdrängen.

Die Herrschaft der Intellektuellen

Der nächste große Schritt in Richtung Untergang ist überraschend: Bildung. Nachdem auch breite Kreise zunehmend wohlhabend geworden sind, wird plötzlich Bildung immer wichtiger. Die Regierenden geben enorme Mittel für den Aufbau von Bildungseinrichtungen auf, es folgt die Phase des Intellekts. „Es ist erstaunlich, mit welcher Regelmäßigkeit sie dem Reichtum folgt, in Imperium nach Imperium, viele Jahrhunderte voneinander getrennt“, schreibt Glubb. So wie es im Zeitalter des Wohlstandes zu einem Erblühen der Kunst gekommen ist, boomen jetzt die Wissenschaften.

Hier wird auch deutlich, dass die Zyklen nicht wertend zu sehen sind: Patriotische Barbaren mögen stark sein, sie werden jedoch keine Quantenphysik hervorbringen. Aber trotzdem führt die starke Betonung des Intellekts gesetzmäßig zur Hybris. Glubb: „Wir sehen, dass die Kultivierung des menschlichen Intellekts ein großartiges Ideal ist, aber nur unter der Bedingung, dass sie nicht die Selbstlosigkeit und die menschliche Hingabe zu dienen aufweicht. Aber genau das ist, wenn man es geschichtlich betrachtet, was passiert“.

Die Bildungseinrichtungen bringen nun Kritiker hervor, die die traditionellen Werte hinterfragen oder generell ablehnen. Der sich aufopfernde Held gilt nun gemeinhin als Trottel. Es herrscht der brillante, aber zynische und lebensferne Intellektuelle. Doch zusehends macht sich in der breiten Bevölkerung Unbehagen breit, trotz aller scheinbaren Errungenschaften liegt Untergangsstimmung in der Luft. Es scheint, als schwänden die Kräfte. Und hier passiert erneut etwas Erstaunliches: Anstatt dass man vereint dagegen auftritt, vergrößern sich die politischen Differenzen zusehends. Die einzelnen Parteien stehen einander immer feindlicher gegenüber. Auch in der Bevölkerung driften die Ansichten mehr und mehr auseinander.

Das Ende ist da!

Nach dem Drehbuch der Geschichte folgt nun das letzte Kapitel: der Niedergang. Und auch der hat Glubb zufolge ganz klare Merkmale: Zügellose sexuelle Unmoral, Vergnügungssucht und eine erhöhte Scheidungsrate unterminieren die Stabilität der Familie. Ehemalige Moralvorstellungen weichen einer „Anything goes“-Mentalität. Einhergehend mit der Frivolität macht sich sowohl unter der Bevölkerung als auch unter den Eliten großer Pessimismus breit. Menschen steigen aus der geordneten Gesellschaft aus und wenden sich Bespaßung, Schwelgereien, Drogen und Alkohol zu. Der römische Kaiser Nero hat zum Beispiel bei einigen Gelagen allein für Blumen umgerechnet mehr als 300.000 Euro ausgegeben.

Der Mob verlangt nun nach freien Mahlzeiten und öffentlichen Spektakeln. Es ist die Zeit von Brot und Spielen, die Stunde der „Fress-Päpste“ und Promi-Köche. Auch die Helden der Nation sind andere: Große Krieger, Erfinder und Künstler werden nicht länger mehr verehrt, dagegen huldigt man Sportlern, Musikern und Schauspielern.

Das Antlitz der Großstädte ist multikulturell geworden. Fremde lassen sich in den Metropolen des Reiches nieder. Das friedliche Zusammenleben von verschiedenen Kulturen innerhalb eines Staates funktioniert aber nur, solange dieser auch effizient funktioniert. Sobald der Niedergang beginnt, wenden sich die Migranten zumeist von dem ehemals so glorreichen Reich ab – oder sie bekämpfen es sogar offen.

Zu diesem Zeitpunkt ist das Imperium am Ende: Entweder wird es von innen in Bürgerkriegen zerrieben und/oder von neuen Barbaren übernommen. Überraschend: Sobald sich neue Herrschaftsstrukturen gebildet haben, legen die Überlebenden ihre Dekadenz quasi über Nacht ab und unterwerfen sich den neuen Machthabern.

Auf dem Weg ins Imperium?

Schon ein Blick in die Zeitung ergibt ein recht ungemütliches Bild: Es gibt kaum ein Symptom der Dekadenz, das der Westen mit den USA an der Spitze derzeit nicht zeigt: vom Zusammenbrechen der familiären Strukturen über eine völlig außer Kontrolle geratene Sexualität samt Brot und Spielen – bis hin zum Kult um Transsexuelle. Doch ist es tatsächlich denkbar, dass das westliche Imperium zusammenbricht? Der Untergang mag uns absolut undenkbar erscheinen, aber auch die Assyrer, Römer, Perser, Griechen und die Briten haben ihr Imperium einst für unsterblich gehalten.

Und bereits mehren sich Stimmen, für die selbst der Niedergang der EU nur mehr eine Frage der Zeit ist. Der Althistoriker David Engels etwa sieht eindeutige Parallelen zwischen dem Untergang der Römischen Republik und der heutigen EU. „Die Gemeinsamkeiten sind so massiv, so augenscheinlich, und das schon seit Jahrzehnten, dass man fast fragen müsste, wo es keine gibt“, sagte Engels in einem Interview mit der „Huffington Post“.

Die Beispiele sind ohne Zahl: Arbeitslosigkeit, Familienzerfall, Niedergang traditioneller Konfessionen, Globalisierung, Umweltzerstörung, Vernichtung natürlicher Ressourcen, religiöser Fundamentalismus, Massenmigration, Verarmung, Kriminalität sowie Polarisierung zwischen einer selbstherrlichen Politikerkaste auf der einen Seite und unzufriedenen Populisten auf der anderen. „Dazu kommt: Der Westen hat wie die Römische Republik die bedenkliche Tendenz, sich mit der zivilisierten Menschheit an sich gleichsetzen zu wollen und die sogenannten ‚Barbaren‘ in asymmetrischen Kriegen mit diesen Werten beglücken zu wollen“, sagt Engels.

Zudem habe Europa seine eigene Identität verloren. „Diese basiert auf gemeinsamen historischen Wurzeln und Werten wie Religion, Sprache, Kunstgeschichte, Politikverständnis, also all den Dingen, die in den vergangenen zwei Jahrtausenden natürlich gewachsen sind. Man kann also durchaus von einer gemeinsamen kulturellen Identität von Lissabon bis Wladiwostok sprechen“, argumentiert der Historiker. Allerdings berufe sich die EU in ihrer Politik eben nicht auf diese Werte, sondern vielmehr auf universalistische Werte wie Freiheit, Gleichheit, Menschenrechte – also die gleichen Werte, die man auch in anderen globalisierten Ländern wie Japan oder Südkorea findet.

Engels sieht für Europa nur noch zwei Wege. Und beide sind wenig erfreulich: Angetrieben von den nationalistischen Parteien zerfällt Europa wie das antike Griechenland in Kleinstaaten. Diese Ministaaten würden dann schnell als Vasallen eines neu entstehenden Imperiums enden. Wahrscheinlicher ist es aber, so der Althistoriker, dass sich die EU selbst zu einem Imperium entwickelt – in eines, das nicht demokratisch sein wird. David Engels rechnet mit einer ähnlichen Entwicklung, wie sie im alten Rom vollzogen wurde: Kaiser Augustus verwandelte das von Bürgerkriegen gebeutelte Land nach und nach in eine sanfte Diktatur. Zwar blieb die Illusion einer republikanischen Regierungsform aufrecht, doch die Macht lag von nun an in den Händen des Princeps, des Ersten unter Gleichen, der in Wahrheit ein Alleinherrscher war.

Aber wieso sollten die EU-Bürger dies zulassen? Engels geht davon aus, dass sich die soziale Lage weiter zuspitzen wird: „Ich rechne mit bürgerkriegsähnlichen Zuständen, die eine grundlegende gesellschaftliche und politische Neuformierung Europas erzwingen werden, ob wir das wollen oder nicht, ganz nach dem Vorbild der verfallenden Römischen Republik im ersten Jahrhundert vor Christus. Mit Landstrichen, die von paramilitärischen, ethnischen oder religiösen Gruppen beherrscht werden. Mit überhand nehmender Kriminalität. Mit wirtschaftlichem Bankrott und völligem politischen Stillstand.“ Die Bürger Europas würden sich dann mit Freuden jedem in die Arme werfen, der dem Kontinent einen funktionierenden Sozialstaat sowie Ruhe und Ordnung verspricht. Und spätestens in 20 bis 30 Jahren wird aus Europa ein imperialer oder autoritärer Staat geworden sein.

Mit Demokratie hat dies dann freilich nur mehr wenig zu tun. Engels ortet bereits jetzt starke Verfallserscheinungen. In der „Welt“ sagte er: „Sind wir uns ehrlich: Wo die Wahlbeteiligung zum EU-Parlament bei 43 Prozent liegt; wo Finanzinstitute wie JP Morgan den Abbau demokratischer Grundrechte fordern; wo Referenden bis zum Abwinken wiederholt oder ignoriert werden; wo unklar ist, nach welchen Grundsätzen das politische Oberhaupt des Kontinents bestimmt werden soll. Wo nur noch ein Viertel der Europäer ihren Regierungen und Parlamenten vertraut; wo das Christentum nach Belieben beschimpft werden darf, während die Islamkritik zur Straftat wird; und wo jüngsten Umfragen zufolge bereits fast die Hälfte der Franzosen und Engländer und zwei Drittel der Portugiesen, Polen und Ungarn nach einem starken Mann rufen, der sich nicht um demokratische Institutionen scheren soll – da steht das Imperium nicht etwa nur vor der Tür.“

Ist also tatsächlich alles verloren? Oder ist es vielleicht doch noch möglich, aus dem Hamsterrad der Geschichte auszusteigen? Niemand weiß es. Glubbs Analysen beziehen sich auf die Vergangenheit, während die Zukunft sozusagen fortschreitend von uns „erfunden“ wird. Dazu ein kleiner Tipp: Sehen Sie sich bitte keine TV-Köche mehr an. Kochen Sie selbst!



Zum Weiterlesen: John Glubb „The Fate of Empires and the Search for Survival“, Verlag William Blackwood and Sons;
David Engels „Auf dem Weg ins Imperium: Die Krise der Europäischen Union und der Untergang der Römischen Republik. Historische Parallelen“, Europa-Verlag München.

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