Einführung in die Kuchen-Psychologie
Kochenvon Anna Neustein 31. März 2015
Dass wir uns über das, was wir essen, definieren, ist bekannt: Modische Pseudoallergien werden langatmig und dramatisch-leidend beschrieben, um aus profillosen Menschen etwas ganz Einzigartiges zu machen. Anstatt dass wir darauf stolz sind, gesund zu sein, sind wir heute stolz darauf, wenn irgendetwas angeblich nicht stimmt. Das schadet jenen, die tatsächlich innerhalb von einer Minute ein doppelt so dickes und rotes Gesicht bekommen, wenn sie Karotten essen – weil deren Allergien irgendwann nicht mehr ernst genommen werden. Aber auch auf anderen Wegen stellen wir uns durch das, was wir essen, vertragen und mögen oder hassen, dar.
Hardcore-Fleischesser büsten sich mit wilden Innereienorgien, der abgehakte Verzehr von Stierhoden gilt als Eintrittskarte in die Foodie-Oberliga. Die Ausschließlich-bio-Fraktion lebt diese Einstellung – den Verdacht darf man zaghaft äußern – wohl auch nicht allein aus Gründen der eigenen Gesundheit, sondern auch, weil man sich als guter Mensch präsentieren will. Junge Frauen, die sich dünnfingrig an ihren Green-Smoothie-Becher klammern, wollen nicht nur von den enormen Mengen Antioxidantien darin profitieren, sondern auch vom hollywoodesken Image, das die grünen Trendgetränke dank zahlreicher Klatschzeitschriften haben.
Das Motto „Du bist, was du isst“ hat sich die Autorin Alice Mitterand hergenommen und ein ebenso amüsantes wie wahres Buch gemacht, freilich ohne jegliche Anwandlungen von Orthorexie (dem Zwang, gesund zu essen). „Dein Kuchen und du“ (Untertitel: „Sag mir, welchen Kuchen Du liebst, und ich sage Dir, wer Du bist!“) strotzt vor Verbalkalorien. Anhand der Vorlieben für Süßgebäck in vier Kategorien – cremig, weich, knusprig, fruchtig – erstellt Mitterand Persönlichkeitsprofile. Zwei Illustratorinnen vervollständigen das jeweilige Bild, und im Anhang finden sich die Rezepte zu den jeweiligen Kuchen. Wer Crème brulée liebt, dem schreibt Mitterrand sadistische Züge zu: „Als Foltergerät kannst Du wählen zwischen dem Backofengrill, wo Dein Dessert lange leidet, oder dem kleinen Gasbrenner, den Du so gern bedienst, oder sogar dem glühend heißen Eisen, dem Objekt der allergrößten Wonne.“
Cheesecake-Fans sind introvertiert, meint die selbstverständlich hochgradig wissenschaftlich arbeitende Kuchenpsychologin und rät: „Versteck dich nicht hinter Deinen Ponyfransen; Deine Schweigsamkeit und Deine zugeknöpfte Miene machen Dich einzigartig; ein einziges Wort von Dir und jeder schmilzt dahin!“ Wer Madeleines mag, sei eine romantische Natur: „Unter einer Trauerweide träumen und seufzen, einem Schwan dabei zuschauen, wie er anmutig über das dunkle Wasser eines Teiches gleitet, ...“ Und wer auf Cupcakes steht, ist Leiden gewohnt: „Deine Füße schmerzen grässlich in den High Heels von Louboutin, aber lieber sterben, als das zuzugeben. Du weißt, wie sehr sie Dir stehen, diese schwarzen Pumps. Sie lassen Deine Waden unverschämt gut aussehen und machen aus Dir die Queen, wo immer Du Menschen mit Deiner Anwesenheit beehrst. Dieser Gedanke allein lässt Dich den Schmerz vergessen, der bis in die Zehen ausstrahlt, die mit Coco Blue von Chanel lackiert sind, dem must have der Saison.“ Und welcher Kuchen sind Sie?
Rezepte im PDF Format:
Die Cremigen
Die Fruchtigen
Die Knusprigen
Die Weichen
Alice Mitterand:
Dein Kuchen und Du
Gerstenberg, 160 Seiten
22,70 Euro
Bei Amazon bestellen
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