Aus jedem Dorf ein süßer Hund
Kochenvon Anna Neustein 8. November 2016
Österreichische Mehlspeisen sind ein unerschöpfliches Thema, möchte man meinen. Die Vielfalt an uralten Rezepten ist riesig, jedes Alpental kennt eigene Variationen der einfachen Zutaten Mehl, Schmalz, Butter, Zucker, und die Wiener Mehlspeisküche mit ihren böhmischen und ungarischen Wurzeln genießt ohnehin Weltruf.
Warum dann nun ein Buch auf den Markt kommt, das sich dieser Vielfalt so gar nicht annimmt, sondern stattdessen ein beliebiges Potpourri an Süßem bietet, wirft Fragen auf – so gut die Rezepte im einzelnen auch sein sein mögen; sie stammen schließlich von der erfahrenen Kochbuchautorin Ingrid Pernkopf (die kürzlich verstorben ist, was einer kritischen Betrachtung aber keinen Abbruch tun sollte).
Schon auf dem Cover des im Pichler Verlag erschienenen Buchs „Österreichische Mehlspeisen“ irritiert eine vor Cremefüllung strotzende Roulade, die mit ihrer Einlage aus eingelegten Weichseln eher an eine Abwandlung der deutschen Weltrangspezialität Schwarzwälder Kirschtorte erinnert und so aussieht, wie man sich die Bestückung eines Seniorenpfarrcafés vorstellt.
Zunächst zu loben ist das Kapitel „Warme Köstlichkeiten“: Sauerrahmschmarren mit Heidelbeeren, Mandel-Briochekipferl-Schmarren, Überbackene Topfenpalatschinken mit Äpfeln und Rosinen, Grießknödel, Arme Ritter oder Zwetschken-Scheiterhaufen stehen exemplarisch für die österreichische Mehlspeisküche. Auch gegen Marillen-Ravioli mit Mohn oder Topfen-Couscous-Nockerl mit Marillenkompott ist nichts einzuwenden – so kann eine modernisierte Mehlspeisküche nun einmal aussehen.
Dass Reis Trauttmannsdorff, zwar eine hinreißend altmodische und darob hochwillkommene Nachspeise, nicht ins Kapitel „Warme Köstlichkeiten“ gehört, dürfte dem Lektorat entgangen sein: Dieses Dessert aus Milchreis mit Obers und Gelatine, hier mit eingedicktem Weichselkompott ergänzt, serviert man schließlich kalt. Geschmorte Marillen mit Camparischaum wollen ebenso wie Vanillesabayon mit gegrillter Wassermelone nicht so recht zum Buchtitel passen, der da heißt „Mehlspeisen“, aber sehen wir einmal weiter.
Das Kapitel „Kalte Genüsse“ sieht nun oberslastige Rezepte wie eine Weichsel-Kirsch-Torte oder kompaktere wie Kürbiskerntorte sowie diverse Gugelhupfvariationen vor: mit Zitrone, mit Glühwein, mit Sauerrahm. Was Desserts namens „Banana & Friends“ oder „Hot Love“ in diesem Buch neben österreichischen Preziosen wie Patzerlgugelhupf, Powidltatscherl oder Zupfbrot zu suchen haben, ist eine der vielen Fragen, die man sich bei der Lektüre stellt.
Richtig ärgerlich wird es dann aber, wenn mehr als abgedroschene Cupcakes, Brownies und Muffins ihren Auftritt haben, und den haben sie leider nicht zu knapp. Zum Schluss dürfen auch noch Crême brulée und Panna Cotta mitspielen, wir wollen ja nicht so sein! Mit dem Titel „Österreichische Mehlspeisen“ hat das dann schon gar nichts mehr zu tun, da hat wohl der Verlag gepatzt. Aus jedem Dorf ein Hund – der Titel „Diverse Desserts“ wäre der wahrere gewesen.
Rezepte im PDF Format:
Griesknödel Süß
Kaiserschmarren
Salzburger Nockerl
Ingrid Pernkopf:
„Österreichische Mehlspeisen“
Pichler Verlag, 224 Seiten,
29,90 Euro
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